Verein für Geschichte und Heimatkunde Steinbach

 03.07.2010  Lokales Steinbach

«Ahnengalerie» im Treppenhaus

Porträts der sechs Steinbacher Bürgermeister nach Kriegsende stehen für 64 Jahre Steinbacher Geschichte 

 

Von Michael Neumann

 

 

 

         

 

Oberursel. Peter Frosch durfte sich geschmeichelt fühlen. Mit dem Geburtsdatum, das unter seinem Porträt angegeben war, wurde er schlagartig um drei Jahre jünger – und hätte eigentlich seine Amtszeit doch noch über den 25. November 2009 hinaus verlängern können. Ansonsten aber stimmten alle Daten der sechs Bürgermeister, die in Steinbach seit Kriegsende das Sagen hatten und deren Porträts jetzt im Treppenaufgang vor dem Bürgermeisterzimmer zu bewundern sind. Und Ilse Tesch versprach eine baldige Korrektur der Frosch-Daten.


"Projekt Galerie"


Die Vorsitzende des Vereins für Geschichte und Heimatkunde hatte gemeinsam mit Heide Margraf, Otti Büchner und Manfred Büchner das «Projekt Bürgermeister-Galerie» in die Tat umgesetzt. Natürlich war es einfach, Fotos von Herbst, Parnet und Frosch zu besorgen und zu vergrößern, schwieriger war es da schon, Aufnahmen von Braunroth, Molitor und Stapinski aufzutreiben. Aber auch das gelang dem Team um Tesch, und schließlich konnte der Verein ja auf die Computer-Künste von Manfred Büchner zurückgreifen, der die Bilder professionell bearbeitet hatte.

 

Das kostete Edgar Parnet allerdings die Amtskette. Die hatte Büchner kurzerhand «verschwinden» lassen. «Wir wollten ein einheitliches Bild haben», begründete Tesch dies.

 

Zur Eröffnung der kleinen Galerie der Rathauschefs hatte Bürgermeister Dr. Stefan Naas gestern in den Verwaltungsbau geladen, und drei der Alt-Bürgermeister – Peter Frosch, Edgar Parnet und Walter Herbst – durften auf der Treppe neben ihrem Abbild in Schwarz-Weiß kurz Aufstellung nehmen. Ex-Bürgermeister Heinz Molitor, er lebt heute in Oberbayern, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen, ließ aber grüßen.

 

Naas blieb es im Beisein einiger Mitglieder von Magistrat und Geschichtsverein vorbehalten zu schildern, welche Spuren die sechs Bürgermeister seit 1945 in der Stadt Steinbach hinterlassen haben. KPD-Mitglied Franz Stapinski war nach dem Krieg am 13. Juni 1945 von den Alliierten als ehrenamtlicher Bürgermeister eingesetzt worden. Seine Hauptaufgaben waren, die Versorgung der Bürger sicherzustellen und Unterkünfte für Flüchtlinge zu finden. Sozialdemokrat Kaspar Braunroth löste Stapinski im April 1946 ab. In seiner Amtszeit

 

wurden in den Jahren 1954 bis 1958 die Wasserleitungen in Steinbach verlegt. Bis dahin hatten die Steinbacher das Trinkwasser am Steinbacher Brunnen in der Ortsmitte geschöpft, das Quellwasser des Steinbachs nämlich. Mit dem Wasser der hauseigenen Brunnen wurde damals das Vieh versorgt. Zehn Jahre regierte Braunroth in Steinbach, ihm folgte Heinz Molitor, ein Mann der Freien Wählergemeinschaft, der nach fünf Jahren Amtszeit zurücktrat. Er war der erste hauptamtliche Bürgermeister der Stadt, alle Vorgänger waren «Freizeit-Bürgermeister». In seine Ägide fiel die Grundsteinlegung für das Baugebiet Hessenring.

 

Sozialdemokrat Walter Herbst, von 1962 bis 1992 im Amt, habe Steinbach «aus dem Dorf heraus zur Stadt gemacht», wie es Naas formulierte. Innerhalb weniger Jahre wuchs die Stadt von 2000 auf 11 000 Einwohner. Zu Beginn seiner Amtszeit war die Verwaltung noch im Haus Kirchgasse 1 untergebracht, in dem heute Haare geschnitten werden. 1966 zog das Rathauspersonal ins alte Schulgebäude in der Gartenstraße, in dem es noch heute residiert. Sechs Jahre später erhielt Steinbach das Stadtrecht. 
 

Von Rot nach Schwarz


Walter Herbst, heute Ehrenbürgermeister, ließ auch das Waldschwimmbad bauen. Weil es zu viel Geld verschlang und nicht mehr bezahlbar war, musste es Nachfolger Edgar Parnet wieder schließen lassen. In der Amtszeit von Naas wird es wohl ganz von der Bildfläche verschwinden. Parnet war übrigens der erste Bürgermeister, der direkt gewählt wurde. Bis dahin hatte das Parlament den Rathauschef gewählt. Politischer «Umsturz» folgte im Jahr 1998. Im «roten» Steinbach wurde mit Peter Frosch ein CDU-Mann zum Bürgermeister gewählt, und blieb es elf Jahre lang. Frosch regierte auch mit schwarz-grüner Mehrheit, was seinerzeit eine Seltenheit im Hessenland war. 

 

Rahmen vom Archiv


Naas dankte dem Geschichtsverein, der alle Kosten für die Herstellung und Bearbeitung der Fotos übernommen hatte. Die Rahmen hatte das Kreisarchiv der Stadt kostenlos überlassen. Da nahm es Naas in Kauf, dass alle Ex-Bürgermeister schwarz umrahmt wurden. So blieben bei der Stadt nur die Kosten für Sekt und Brezeln, die zur «Vernissage» serviert wurden.