Hugenotten am Pijnackerplatz, VW-Käfer auf den Steinbacher Straßen. Ein alter Diavortrag, am Computer modernisiert, gibt einen Einblick in die Geschichte des Taunusstädtchens. Von Verena Herzberger
Steinbach. Wussten Sie, dass in Steinbach erst 1953 eine Wasserleitung gebaut wurde und zuvor stets reger Betrieb rund um den Brunnen auf dem freien Platz – dem heutigen Pijnackerplatz – herrschte? Bis zu einer Stunde musste man dort manchmal für einen Eimer Wasser anstehen.
Interessiert, mitfühlend und in Erinnerungen versunken verfolgten am Montagabend rund 70 Zuschauer den Dokumentarfilm «Steinbach in der Bütt». Wer wegen des Titels dachte, es würde sich bei dem Streifen um den Zusammenschnitt der besten Faschingssitzungen der vergangenen Jahre handeln – der lag natürlich komplett falsch.
Vor allem ältere Steinbacher waren der Einladung des Vereins für Geschichte und Heimatkunde ins Bürgerhaus gefolgt. Sie wussten freilich, dass Steinbach selbst als Bütt bezeichnet wurde und wird, liegt der Ortskern mit Brunnen doch an einem tiefen Punkt – wie einer Bütt eben, von der aus sämtliche Straßen und Wege «bergauf» führen. Hunderte von Dias gesichtetEnde der 60er hatte das mittlerweile verstorbene Vereinsmitglied Theo Weber seine Bilder erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. Was damals unter anderem dazu diente, den Neubürgern des rasant wachsenden Städtchens einen Einblick in Steinbacher Geschichte und Lebenskultur zu geben, hat heute selbst historischen Wert. In wochenlanger Arbeit hatte Manfred Büchner vom Geschichtsverein das umfangreiche Diamaterial, welches zuvor digitalisiert wurde, am Computer nachgearbeitet. Auch die Kassetten mit den Original-Tönen von Theo Weber wurden mit auf DVD gebrannt.
So lud das Filmchen in erstaunlicher Bildqualität zu einer kleinen Zeitreise ein – in die Historie des kleinen Dorfes Steinbach, welche sich heute zwischen den vielen neueren Bauten versteckt. Nur etwa 1500 Einwohner hatte der Taunusort vor rund 50 Jahren, heute sind es knapp 10 000.
| | Die Zuschauer wurden mitgenommen zur Schlacht der Stadt Frankfurt gegen die Kronberger Ritter auf Steinbacher Boden. Sie wurden entführt in die Zeit, als es nur ein paar Häuschen gab, die lediglich im Umkreis von hundert Metern um den Brunnen im Zentrum der Bütt angesiedelt waren. Selbst die Hugenotten machten an diesem Brunnen einst Rast auf ihrem Weg nach Friedrichsdorf, wie Weber kommentierte. Viele Erinnerungen wurden bei den Zuschauern wach – besonders bei den Bildern, als Straßen mit VW-Käfern gefüllt waren und sich alte Straßenecken im Kleid der 50er Jahre zeigten. Die Fotografien erzählten von der alten abgebrannten Schule, von Ersatzunterricht im Gasthaus «Zum Stern» und von modernen Rathäusern, die heute schon wieder alt sind. Sie zeigten auch das Vereinsleben vor einem halben Jahrhundert – so manches bekannte Gesicht gab es zu entdecken. 350 Dias wurden für den Film verarbeitet und Manfred Büchner versichert, er habe noch massenhaft mehr. Nicht alle sind von Theo Weber, aber doch so einige.
Weber, ein gelernter Schmied und Schlosser, wurde 1940 geboren, engagierte sich in vielen Steinbacher Vereinen und erhielt sogar die Ehrenplakette der Stadt. Auch wenn er mit seiner Frau Loni das Städtchen zeitweilig verließ, sagt diese heute: «Wir haben uns hier immer zu Hause gefühlt.»
Loni Weber hat das Bildarchiv ihres Mannes dem Verein zur Verfügung gestellt. Wie er zur Fotografie kam? «Ich habe ihm damals einen Fotoapparat geschenkt», lacht die Dame.
Theo habe gesagt, «einer müsse das alles festhalten, denn in einigen Jahren sei alles weg», erzählt man sich zudem im Verein. Wie es in der Bahnstraße vor einigen Jahrzehnten aussah. |